Prien am Chiemsee gilt nicht nur als „Tor zum Bayerischen Meer“, sondern auch als Ort mit einer einzigartigen maritimen Tradition. Seit nunmehr 180 Jahren verbindet die Schifffahrt auf dem Chiemsee die malerischen Uferorte mit den weltbekannten Inseln Herren- und Frauenchiemsee.
Die Geschichte der Schifffahrt auf dem Chiemsee ist eng mit der Entwicklung der Region und ihren touristischen Highlights verknüpft – von den ersten Raddampfern im 19. Jahrhundert bis zu den modernen, nachhaltig betriebenen Schiffen unserer Zeit.
Seit 1845 betreibt die Chiemseeschifffahrt die Linien- und Ausflugsfahrten auf dem Chiemsee. Mit einer Flotte von zwölf Schiffen und der historischen Chiemseebahn verbindet das Unternehmen heute Tradition und Innovation und ist ein fester Bestandteil des Chiemgaus.
Anlässlich des Jubiläums blickt Michael Feßler, Geschäftsführer der Chiemseeschifffahrt Ludwig Feßler KG, auf bewegte Jahrzehnte: „Wir schreiben seit 180 Jahren Chiemsee-Geschichte. Von der ersten Dampferfahrt 1845 über den Schlossbau König Ludwigs II. bis hin zu den touristischen Herausforderungen der Gegenwart – all das hat unsere Arbeit geprägt.“
Vom Kutschenunfall zur Chiemseebahn
Die Chiemseebahn ist heute ein echtes Juwel aus dem 19. Jahrhundert und ihre Entstehung hat eine bemerkenswerte Vorgeschichte. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Besucher noch vom Bahnhof Prien mit Kutschen zum Hafen gebracht. Dabei kam es auch zu Unfällen. Einem Bericht zufolge wurde einer hochgestellten Dame von einer umgestoßenen Kutsche ein Bein abgetrennt.
Der unglückliche Rosslenker landete für einen Monat im Zuchthaus, und die Dame musste sich mit einem Stelzfuß begnügen, wie Michael Feßler erzählt. Diese tragische Episode bewegte seinen Vorfahren Ludwig Feßler und den Kommerzienrat Georg Krauss dazu, eine sichere Alternative zu schaffen: 1887 entstand die Chiemseebahn vom Bahnhof direkt ans Ufer, die bis heute noch immer denselben Zweck erfüllt wie damals.
Von Dampfschiffen zu nachhaltigen Antrieben
Die Chiemseeschifffahrt begann 1845 mit einem dampfbetriebenen Holz- und Kohleschiff. Heute setzen die Betreiber auf moderne Dieselmotoren und synthetische Treibstoffe wie GTL mit dem Ziel, künftig auf HVO100 umzusteigen – einen vollständig nicht-fossilen Brennstoff.
„Wir waren schon in den 1960er-Jahren Vorreiter in Sachen Umweltschutz, als wir geschlossene Toilettensysteme auf allen Schiffen einführten. Heute geht es darum, unseren Betrieb noch nachhaltiger zu machen – und das mitten in einer der schönsten Naturlandschaften Bayerns“, betont Michael Feßler.
Herausforderungen und Erfolge
Großveranstaltungen wie Konzerte auf der Herreninsel oder der Christkindlmarkt auf der Fraueninsel haben das Unternehmen immer wieder an seine Grenzen gebracht. Es gab Tage, da mussten nach Konzertende 5.000 Menschen in kürzester Zeit von der Insel gebracht werden. Auch der Christkindlmarkt mit bis zu 12.000 Gästen pro Tag fordert die Chiemseeschifffahrt jedes Jahr aufs Neue.
Aktuell bereitet die invasive Quagga-Muschel große Sorgen. Die Muschel, die seit 2024 auch im Chiemsee nachgewiesen ist, vermehrt sich extrem schnell und könnte langfristig sogar die Strände und die Technik der Schiffe beeinträchtigen. Daher steht man vor neuen Herausforderungen.
180 Jahre mit viel Zukunft
Eine große Feier zum Jubiläum gibt es nicht – auch, weil die geplante 175-Jahr-Feier wegen der Corona-Pandemie ausfallen musste. Stattdessen setzt das Familienunternehmen auf Investitionen und Zukunftsvisionen.
„Vielleicht feiern wir das 200-jährige Jubiläum wieder groß. Bis dahin wollen wir die Chiemseeschifffahrt so gestalten, dass auch die nächste Generation sie mit Stolz weiterführt.“
Michael Feßler, Geschäftsführer der Chiemseeschifffahrt Ludwig Feßler KG
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.