Der Sommer auf Hokkaido bietet eine erfrischende Auszeit von der Hitze, die zu dieser Jahreszeit große Teile des Landes überzieht. Denn Japans nördlichste Insel genießt ein milderes Klima mit kühlen Brisen und frischen Abenden, die Ausflüge ins Freie zu einem Vergnügen machen, und ist damit ein cooler Tipp für den nächsten Sommer.
Doch es ist nicht nur das Wetter, das diese Region so besonders macht. In den warmen Monaten entfaltet Hokkaido eine ganz eigene Magie – geprägt von lodernden Festen, kulinarischen Meeresfrüchte-Erlebnissen und lebendigen Traditionen.
Das Höllenfest in Noboribetsu
Das Sommerabenteuer beginnt in Noboribetsu – etwa eineinhalb Stunden mit dem Auto von der Hauptstadt Sapporo entfernt. Die Stadt ist vor allem für ihre heißen Quellen und die zahlreichen Resorts bekannt, die sich über die eindrucksvolle Landschaft verteilen. Im Zentrum dieses geothermischen Wunderlands liegt Jigokudani – das „Tal der Hölle“, wo Dampf aus der Erde aufsteigt und die Felsen in mineralreicher Hitze leuchten.
Ende August verwandelt sich dieses Tal jedes Jahr in die Bühne für das „Noboribetsu Jigoku Matsuri” – ein dämonisch inspiriertes Ritual zu Ehren der Schutzgottheit Yukijin, das wörtlich übersetzt „Höllenfest” bedeutet. Handfeuerwerke, die bis zu acht Meter in den Himmel steigen, erinnern an Vulkanausbrüche und tauchen das Tal in ein surreales Licht. Das Ereignis ist aber mehr als nur ein visuelles Highlight für Instagram: Es ist ein Gebet für Glück und Schutz – tief verwurzelt in der lokalen Folklore und von Generationen getragen.
Das Bauchnabel-Festival in Furano
Furano im Zentrum von Hokkaido bietet ein ganz anderes Erlebnis. Die Stadt ist bekannt für ihre Lavendelfelder und sanften Hügel, doch jedes Jahr Ende Juli findet hier das „Heso Matsuri” - das sogenannte „Bauchnabel-Festival” – statt. Der Name stammt von einem nahegelegenen Schrein und ist zugleich eine Hommage an Furanos zentrale geografische Lage als „Bauchnabel“ Hokkaidos.
Während des Festivals bemalen rund 4.000 Einheimische ihre Bäuche mit Gesichtern – sogenannten „Zubara” und tanzen durch die Straßen in einer Feier, die ebenso verspielt wie herzlich ist. Der Bauchnabel dient dabei als Mund – und jedes „Zubara” ist stilistisch einzigartig. Auch die Besucher können mitmachen, ihre eigenen Bäuche bemalen und sich vorübergehend den Umzügen anschließen.
Seeigel für Feinschmecker
Natürlich wäre keine Reise durch Hokkaido vollständig, ohne die legendären Meeresfrüchte der Insel zu genießen. Die lokalen Märkte sind ein wahres Paradies für Feinschmecker – besonders im Sommer, wenn die Saison für die Seeigel (Uni) ihren Höhepunkt erreicht. Nirgendwo in Japan werden mehr dieser Tiere gefangen als in Hokkaido – und so können sie in den Sommermonaten von den Besuchern frisch zu sehr günstigen Preisen probiert werden.
In Hokkaido gibt es zwei Hauptarten von Seeigeln – Ezo Bafun Uni und Kita Murasaki Uni. Erstere gilt als die hochwertigste Sorte und wird ausschließlich in Hokkaido geerntet. Sie ist bekannt für ihren intensiven, süßlichen Geschmack. Die größere Kita Murasaki Uni hingegen hat eine cremigere Textur und ist in der Regel preiswerter.
Ein hervorragender Ort, um Uni zu probieren, ist Shakotan westlich von Sapporo. Der dort gefangene Uni wird selten außerhalb der Region exportiert, was den Besuch zu einer lohnenden Reise macht – besonders für alle, die ein echtes „Sea-to-Table“-Erlebnis suchen.
Das Königreich der Krabben
Hokkaido gilt auch als das Königreich der Kani mit Sorten wie Tarabagani (Königskrabbe) und Kegani (Pferdehaar-Krabbe), die das ganze Jahr über erhältlich sind. Erstere erzielt in der Regel die höchsten Preise und ist für ihre Größe und ihre fleischreichen Beine bekannt.
Letztere überzeugt mit feinen Fasern und süßem Fleisch und wird gerne für das aromatische Krabben-Miso verwendet. Ob gekocht, gegrillt oder roh serviert: Krabbe in Hokkaido ist eine Delikatesse, die vom Reichtum des Meeres und vom kulinarischen Stolz der Insel erzählt.
Das indigene Volk der Ainu
Neben Kulinarik und Festen lädt der Sommer in Hokkaido auch dazu ein, die kulturellen Wurzeln der Region zu entdecken, die eng mit dem indigenen Volk der Ainu verbunden sind. Mit einer eigenen Sprache und Kultur sind die Ainu tief in Hokkaido verwurzelt.
Ihre spirituelle Weltanschauung geht davon aus, dass alle Elemente der Natur von Geistern bewohnt sind. An der Südküste bieten das Nibutani Ainu Museum und das Upopoy National Ainu Museum and Park tiefere Einblicke in die spirituelle Verbindung der Ainu zur Natur, ausgedrückt durch Holzschnitzereien, Textilien und zeremonielle Darbietungen.
Die Michi-no-Eki-Raststationen
Viele der in diesem Artikel vorgestellten Orte sind am besten mit dem Auto erreichbar – und in Hokkaido gehört die Fahrt selbst zum Erlebnis. Ein besonderes Highlight unterwegs sind die Michi-no-Eki-Raststationen, die weit mehr sind als bloße Zwischenstopps.
Sie bieten Einblicke in das lokale Leben und servieren frische regionale Spezialitäten sowie eine bunte Auswahl an kulinarischen Mitbringseln. Diese Stationen sind somit ideal für Reisende, die den Geschmack von Hokkaidos Terroir erleben möchten – oft umgeben von beeindruckenden Ausblicken auf Felder, Küsten oder Berge.
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.