Jordanien hat mit dem „Camino de Egeria” einen neuen, rund 30 Kilometer langen Pilgerweg eröffnet, der zu Fuß in zwei Tagesetappen bewältigt werden kann. Der neue Pilgerwanderweg Camino de Egeria beginnt am Berg Nebo südlich von Amman, von dem Moses einst das Gelobte Land erblickt hatte, und endet an der Taufstelle Jesu am Jordan.
Der „Camino de Egeria” ist Teil des längeren „Johannes der Täufer Wegs”. Dieser beginnt rund 80 Kilometer südlich von Amman im UNESCO-Welterbe in Umm-er-Rasas und endet in Bethanien jenseits des Jordans. Die letzten beiden Etappen vom Heiligen Berg Nebo bis hinunter zur Taufstelle Jesu am Jordan sind nun der ersten Pilgerin Egeria gewidmet.
Die adlige Spanierin Egeria pilgerte im 4. Jahrhundert meist alleine zu den wichtigsten biblischen Orten und berichtete ihren Freundinnen in Briefen darüber. Damit war sie nicht nur eine der mutigsten Frauen ihrer Zeit, sondern gilt auch als eine der ersten Pilgerinnen der Welt. Rund vier Jahre – von 381 bis 384 nach Christus – hielt sich Egeria im Heiligen Land auf, um anderen Frauen darüber zu berichten.
Eine Reise führte sie dabei auch zum Heiligen Berg Nebo und an die Taufstelle Jesu am Jordan. Beide Orte liegen heute auf dem Staatsgebiet des Haschemitischen Königreichs Jordanien und sind nun mit dem neuen Pilgerweg verbunden, der an die frühchristliche Influencerin erinnert.
Über ihre Pilgerreisen schrieb Egeria auf Latein ausführliche Berichte in Briefform, die ganz explizit an Frauen gerichtet waren – vielleicht ihre Mitschwestern aus einem Kloster, wahrscheinlicher aber ebenfalls glaubende Freundinnen und Bekannte. Die Pilgerin beschrieb die Strecken, die Sehenswürdigkeiten und erzählte von ihren Begegnungen mit den schon damals sehr gastfreundlichen Menschen in der Region.
1884 wurden Teile dieser Aufzeichnungen in der Klosterbibliothek im italienischen Arezzo wiederentdeckt. Heute kann man Egerias Reiseführer für Frauen unter dem Titel „Itinerarium Egeriae“ auch auf Deutsch nachlesen. Dass es Egeria ernst war mit dem Pilgern, zeigen dabei ihre Aufzeichnungen ziemlich deutlich.
Kaum hatte sie einen der biblischen Orte erreicht, wurde sofort ein Psalm aufgesagt und gebetet. Alle anderen Bedürfnisse stellte sie hintenan, auch die Treffen und Gespräche mit den Geistlichen, die sie empfingen und beherbergten. Bis heute gelten Egerias Schriften als ein unschätzbares Zeugnis der frühchristlichen Frömmigkeit.
Im Jänner 2025 wurde der neue Pilgerweg offiziell mit dem spanischen Jakobsweg partnerschaftlich verbunden. In Santiago de Compostela stellten die Verantwortlichen ein jordanisches Wegzeichen auf und entlang des „Camino de Egeria” steht nun auch das bekannte Wegzeichen des Jakobswegs mit der Muschel.
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.