Wer wissen will, wie das Leben in Thailand vor mehreren Generationen aussah, muss sich nur die Stadt Phrae im Norden des Landes ansehen. Denn diese historische und kulturelle Zeitkapsel wirft ein Schlaglicht auf die faszinierende Vergangenheit des Königreichs.
Bekannt für seine langjährige Geschichte in der thailändischen Teakholzindustrie, verfügt Phrae immer noch über ein einzigartiges Stadtbild mit schönen, stattlichen Herrenhäusern, die von eleganten Gärten umgeben sind. Alles Überbleibsel des vergangenen Ruhms in einer kleinen Stadt mit großem Charme.
Von den meisten Touristen wird dieses versteckte Juwel heute höchstens als Zwischenstopp auf dem Weg nach Nan angesehen. Dabei ist die verschlafene, von Bergen umrahmte Stadt ein einzigartiger Ort, der mit einer charmanten und authentischen Mischung aus schöner Architektur, historischen religiösen Stätten, traditioneller Lebensweise und nord- und nordostthailändischer Küche aufwartet.
Flug in die Vergangenheit
Wenn eine Zeitreise möglich wäre, dann würde sie mit einem ATR-72-Flug von Bangkoks internationalem Flughafen Don Murang zum Flughafen Phrae beginnen – einem winzigen Airport mit nur einer Landebahn und einem Gepäckband. Die Turboprop-Flugzeuge, die an die glorreichen Jahre der frühen Luftfahrt erinnern, scheinen wie geschaffen für dieses Reiseziel.
Vom Flughafen aus sind es nur wenige Minuten bis zur Altstadt von Phrae, wo sich die meisten Unterkünfte und Attraktionen befinden. Für Besucher, die am späten Vormittag von Bangkok abfliegen, ist es der perfekte Zeitpunkt, um in einem der örtlichen Restaurants zu Mittag zu essen, in denen nicht selten noch die Großmutter die Speisen zubereitet und serviert.
Probieren sollte man eine Mischung aus kulinarischen Köstlichkeiten des Nordens – wie beispielsweise Khao Soi und Nam Phrik Ong – und einer Auswahl an Som Tam-Variationen, die jeden Besucher aus dem Isan stolz machen würden. Wer sich für thailändisches Essen der alten Schule begeistert, wird dieses in Phrae genießen.
Tempel, Museen und Teakholz
Freunde von Tempeln sollten den Wat Phrathat Cho Hae nicht auslassen. Auch wenn er etwa neun Kilometer von der Altstadt von Phrae entfernt liegt, ist er einen Besuch wert. Es wird angenommen, dass er zwischen 1336 und 1338 erbaut wurde, um verschiedene Reliquien Buddhas aufzubewahren – darunter auch Haare und Teile seines linken Ellbogens.
Der Wat Chom Sawan ist ein neueres Bauwerk, das während der Regierungszeit von König Rama V. dem Großen zwischen 1900 und 1912 errichtet wurde. Dieses sakrale Bauwerk aus Teakholz ist eine Mischung aus birmanischer und nordthailändischer Architektur mit beeindruckenden, mit Blattgold verzierten Säulen und einer gewölbten Decke, die mit kunstvoll geschnitzten Teakholzplatten ausgekleidet ist.
Das Khum Chao Luang Museum macht die glorreichen Tage des Teakholzhandels in der Region im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wieder lebendig. Die Möbel, Dekorationen, Haushaltsgegenstände und Fotografien aus dieser Zeit ermöglichen einen interessanten Einblick in einen wichtigen Teil der lokalen Geschichte. Wer mehr über das Leben der Schönen und Reichen von damals erfahren will, besucht das Herrenhaus Wongburi, das als eines der bekanntesten Zeugnisse des vergangenen Glanzes gilt. Das von einer reichen Holzfällerfamilie errichtete Teakholzhaus ist auch ein Museum.
Das Museum of Forestry Training Centre dokumentiert die zentrale Rolle von Phrae im thailändischen Teakholzhandel seit mehr als 100 Jahren. Es zeigt auch eine Vielzahl von Bildern, Erfindungen und Ausrüstungen aus jener Zeit, die mit dem Teakholzgeschäft in Verbindung stehen. Zu guter Letzt sollte man sich nicht entgehen lassen, wie man Mo Hom herstellt – Thailands klassische indigoblaue Bauernhemden und ‑hosen. Vom Weben bis zum Färben ist Phrae ein großartiger Ort, um den gesamten Prozess der Produktion zu erleben.
CO2-freier Transport in der Altstadt
Die meisten historischen Gebäude, die die Geschichte von Phrae widerspiegeln, befinden sich in der Altstadt, sodass es ziemlich einfach ist, sie alle mit dem Fahrrad zu erkunden – oder auch zu Fuß. Viele der zahlreichen Gästehäuser und Gastfamilien in Phrae stellen kostenlos Fahrräder zur Verfügung und es gibt mehrere Fahrradverleihe in der Stadt. Wer sich nicht sportlich betätigen möchte, kann auch geführte Touren mit einer dreirädrigen Rikscha oder einer Straßenbahn ohne Schienen unternehmen.
Der beeindruckende Phae Mueang Phi Forest Park ist nur eine kurze Fahrt außerhalb der Stadt zu finden und darf bei keinem Besuch fehlen, denn er wird als geologische Kuriosität beschrieben. Rund zwei Millionen Jahre Erosionen haben eine Landschaft aus faszinierenden roten Sandsteinfelsen entstehen lassen, die zwar nur eine kleine Fläche einnimmt, aber dennoch nicht alltäglich ist.
Dieser heilige Waldpark, der auch als „Waldstadt der Geister” oder „Spirit Grove” bekannt ist, ist mit einer Legende verbunden. Sie erzählt von einer Frau, die in diesem Gebiet auf Gold- und Silbervorkommen stieß und versuchte, diese mit nach Hause zu nehmen. Das beleidigte aber offenbar die dortigen Geister: Die Frau verirrte sich immer mehr und konnte erst wieder nach Hause finden, nachdem sie das Gold und Silber zurückgebracht hatte.

Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.




































