Wadis sind an den Ausläufern der Gebirge im Oman und in einigen trockenen Gebieten des Landes zu finden. Häufig stehen sie für palmengesäumte Oasen mit smaragd- oder türkisfarbenen Naturpools, die inmitten von kargen Wüstentälern scheinbar aus dem Nichts auftauchen und surreale Landschaften mit einem starken Kontrast zur Umgebung schaffen.
Manchmal zeigen sich Wadis aber auch in Form von hohen Schluchten mit bizarren Felsformationen, die Flussläufe einrahmen und von Wasserfällen begleitet werden. Rund 60 dieser versteckten Paradiese gibt es im Sultanat Oman – und jedes hat seinen ganz eigenen Charakter.

Der arabische Begriff „Wadi” bezeichnet einen Flusslauf oder ein Tal. Manche Wadis sind ausgetrocknet und füllen sich nur in den regenreicheren Monaten mit Süßwasser. Andere führen ganzjährig Wasser, das sie von Quellen in den umliegenden Bergen beziehen.
Viele dieser Täler bilden eine paradiesische Kulisse für Spaziergänge und Wanderungen, an deren Ende ein Picknick unter Schatten spendenden Palmen oder ein Bad im kühlen Nass wartet. Andere bieten aufgrund ihrer besonderen Geologie aber auch Herausforderungen für sportbegeisterte Besucher.
Der Klassiker: Wadi Bani Khalid

Das Wadi Bani Khalid wird während einer Oman-Rundreise oft mit einem Abstecher in die knapp eine Autostunde entfernte Wüste der „Sharqiyah Sands” kombiniert. Die Oase erfreut sich aber auch bei den Einheimischen großer Beliebtheit und ist insbesondere am omanischen Wochenende – also am Freitag und Samstag – sehr gut besucht.
Entsprechend ist auch die touristische Infrastruktur gut ausgebaut: Es gibt Toiletten, Umkleiden und ein Restaurant. Bekannt ist das Wadi Bani Khalid vor allem für seine großen Naturseen, an deren Ufern entspannt dem Nichtstun gefrönt werden kann. Zum Baden werden aus Respekt gegenüber den Einheimischen knielange Shorts in Kombination mit einem T‑Shirt empfohlen.
Für Abenteuerlustige: Wadi Bimah

Die beeindruckende Schlucht des Wadi Bimah befindet sich auf der holprigen Strecke durch das Wadi Bani Awf – rund zwei Autostunden von der Hauptstadt Muscat entfernt – und ist besser bekannt als „Snake Canyon”. Der Name rührt von ihrem sich stark windenden Verlauf her, der einer Schlange ähnelt.
Bei einer rund vierstündigen geführten Canyoning-Tour lassen Kletterelemente, Schwimm- und Abseilpartien sowie Sprünge ins Wasser den Adrenalinpegel steigen. Wer die Schlucht lieber von oben bestaunen möchte, fährt weiter in Richtung des Dorfes Bilad Sayt und genießt die Aussicht. Eine ähnlich abenteuerliche, jedoch etwas weniger anspruchsvolle Canyoning-Route bietet das Wadi Hawer – rund eine Stunde nordöstlich der Wüstenstadt Bidiyah.
Bestseller: Wadi Shab

Eine 90-minütige Autofahrt südöstlich von Muscat wartet eines der beliebtesten Wadis des Sultanats – das Wadi Shab. Am Eingang angekommen, überqueren die Besucher mit einem Boot zunächst den kleinen See und gehen anschließend zu Fuß weiter. Die leichte Wanderung führt entlang der steilen Felswände des Canyons, vorbei an Palmen- und Obstplantagen sowie mit klarem Wasser gefüllten Felsenpools.
Nach rund einer Stunde Fußweg sind die größeren Naturteiche inmitten der zerklüfteten Felsen erreicht, die Einheimische auch gerne für Sprünge ins Wasser nutzen. Das Ufer des Flusslaufs lädt zum Sonnenbaden, zu Picknicks und zur Abkühlung im türkisfarbenen Süßwasser ein. Wer möchte, schwimmt noch tiefer in den Canyon hinein, bis der letzte kleine See erreicht ist, an dessen Ende eine Höhle mit einem Wasserfall wartet.
Geheimtipp: Wadi Tiwi und Wadi Mibam

Charakteristisch für das zwischen Muscat und der Fischerstadt Sur gelegene Wadi Tiwi sind gewaltige Palmenhaine und viele kleine Dörfer. Es mündet direkt an der Küstenstraße – unweit des Eingangs zum Wadi Shab – ins Meer. Wer ins Wadi Tiwi hineinfahren möchte, benötigt ein Fahrzeug mit Allradantrieb. Über ruckelige, teils steile Pisten führt die Strecke entlang des Flusslaufs immer tiefer ins Tal, wo sich eine üppige Vegetation mit Obst- und Gemüsegärten abwechselt.
Wer es über die abschüssige, von großen Felsbrocken gesäumte Route bis ganz nach oben schafft, landet in Mibam. Das romantisch anmutende Dorf ist von den traditionellen omanischen Bewässerungskanälen durchzogen, die den Besuchern als Fußwege durch die Gärten dienen. Ein Wasserfall lädt zum Baden ein. Sportliche Reisende versuchen sich an der einstündigen Canyoning-Tour durch das Wadi Mibam und schwimmen nach einer kurzen Abseilstrecke entlang der Felswände in große Naturpools.
Verwandlungskünstler: Wadi Darbat

Ganz im Süden des Oman – rund eine Autostunde östlich der Stadt Salalah – liegt eines der schönsten Wadis des Landes. Das Wadi Darbat umfasst ein weitläufiges Tal, dessen Flusslauf sich in mehreren türkisfarbenen Wasserbecken sammelt. Zahlreiche Kamele grasen an den Ufern und das Wasser fließt über kleine Kaskaden von einem Seeabschnitt in den nächsten.
Während des Khareef – des sommerlichen Monsunregens – verwandelt sich das Tal in eine sattgrüne Landschaft mit zahlreichen weiteren Wasserfällen, zu denen auch eine 100 Meter hohe Kaskade gehört. Zum Baden ist das Wadi zwar nicht geeignet, dafür ist es aber eines der beliebtesten Fotomotive des Sultanats.
Während ein Großteil der bekannten Wadis leicht erreichbar ist, benötigt man für einige, die nur über Offroad-Pisten zugänglich sind, ein Allradfahrzeug. Neben den bereits genannten Wadis warten unter anderem auch das als „Grand Canyon des Oman“ bezeichnete Wadi Nakhr und weniger bekannte Orte wie das Wadi Al Arbeieen (rund zwei Autostunden von Muscat) oder das Wadi Sinaq (nordöstlich von Mirbat in der Region Dhofar) darauf, erkundet zu werden.

Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.
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