Kaum ein anderer Monat ist in Lissabon so energiegeladen wie der Juni, wenn sich die historischen Viertel der Stadt in ein leuchtendes Meer aus Girlanden, Musik und Lebensfreude verwandeln. Mit den „Festas de Lisboa” feiern sie den Schutzpatron Santo António und laden die Besucher dazu ein, Teil dieser authentischen Volkskultur zu werden.
Die Marchas Populares
Höhepunkt der Feierlichkeiten ist der Abend des 12. Juni, wenn die farbenprächtige Parade „Marchas Populares” über die Avenida da Liberdade zieht. In einer sorgfältig abgestimmten Choreografie präsentieren mehr als 20 Nachbarschaftsgruppen traditionelle Tänze, Musik und Kostüme – ein Spektakel, das Einheimische wie Besucher begeistert und den unverwechselbaren Stolz der Stadtviertel widerspiegelt.
Santo António, der Heilige der Herzen
Aber auch sonst steht am 12. Juni alles im Zeichen von Santo António – dem Heiligen der Liebenden. Eine ganz besondere Zeremonie findet dabei in der Kathedrale Sé de Lisboa statt: Bei den „Casamentos de Santo António” können jedes Jahr 16 Paare kostenlos heiraten.
Die Ursprünge dieser Hochzeiten reichen bis ins Jahr 1958 zurück. Damals organisierte die Zeitung „Diário Popular” erstmals Eheschließungen für sozial benachteiligte Paare, um ihnen eine feierliche Trauung zu ermöglichen. Nach einer mehrjährigen Pause wurde die Tradition 1997 wieder aufgenommen.
Straßenfeste in den Vierteln
In Vierteln wie Alfama, Bica, Bairro Alto, Castelo und Mouraria werden die Straßen zu Bühnen. Hier tanzt man auf Kopfsteinpflaster, genießt frisch gegrillte Sardinen und verschenkt duftende Basilikumtöpfe mit poetischen Liebesbotschaften. Diese Basilikumtöpfe – in Portugal „manjericos“ genannt – gelten als Symbol der Liebe.
Traditionell sind sie mit kleinen Papierfähnchen bestückt, auf denen sich gereimte Verse mit zärtlichen oder humorvollen Botschaften befinden. Der Empfänger nimmt dabei den Duft des Basilikums nicht direkt auf, sondern streicht sanft über die Pflanze und riecht dann an der Hand – ein liebevolles Detail als Zeichen von Achtsamkeit und Respekt.
Ein Fest für alle – von Belém bis Parque das Nações
Nach den traditionellen Gesten beginnt am Abend ein anderes Kapitel der Festas, wenn Lisssabon zum Leben erwacht. Dann mischen sich traditionelle Klänge mit moderner Musik und zwischen bunten Lichtern und Straßenständen feiert man gemeinsam bis spät in die Nacht.
Die „Festas de Lisboa” beschränken sich allerdings nicht nur auf das Zentrum. Auch in Bezirken wie Alcântara, Belém, Benfica, Estrela, Olivais oder im modernen Parque das Nações wird ein vielfältiges Kulturprogramm mit Konzerten, Tanz, Lichtinstallationen und Kinderaktionen geboten.
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.