Als Europäische Kulturhauptstadt setzte Novi Sad im Jahr 2022 multikulturelle Akzente. Dass es sich dabei um eine nicht zur EU gehörende Stadt handelte, zeigt die besondere Brückenfunktion der autonomen serbischen Provinz Vojvodina an der Schnittstelle zwischen Mittel- und Osteuropa.
Angrenzend an Ungarn, Kroatien und Rumänien war die lange zur Habsburger-Monarchie gehörende Region schon immer ein multikultureller Schmelztiegel. Heute leben hier – nur 530 Kilometer von Wien entfernt – rund 1,9 Millionen Menschen mit 26 unterschiedlichen Nationalitäten und sechs offiziellen Sprachen.
Gegliedert ist die Vojvodina in die drei historischen Teilregionen Syrmien, Banat und Batschka. Wir verraten zwölf gute Gründe, um in der Vojvodina auf Entdeckungsreise zu gehen – von Serbiens ältestem Nationalpark über ein reiches römisches Erbe, prachtvolle orthodoxe Klöster und heiße Thermalquellen bis zu einem mehr als 2.000 Jahre alten Weinbaugebiet, das gerade so richtig neu durchstartet.
01 | Novi Sad – Kultur-Hauptstadt an der Donau
Dass die Uhren in Novi Sad anders ticken, bezieht sich nicht nur auf den berühmten Uhrturm der Festung Petrovaradin, dessen Minutenzeiger die Stunden anzeigen. Die zweitgrößte Stadt Serbiens mit ungefähr 350.000 Einwohnern gibt sich jedenfalls interkulturell und vor allem sehr entspannt.
Eine turbulente Geschichte hat die Architektur geprägt. Der urbane Stadtkern wird von Türmen und Kuppeln protestantischer, römisch-katholischer, griechisch-katholischer und orthodoxer Kirchen bestimmt. Auch Synagogen gibt es. Zahlreiche Gebäude präsentieren sich in den Stilen des Klassizismus, der Sezession, des Bauhauses, des sozialistischen Realismus und der Moderne.
Herausragend sind die neugotische Kirche Maria Namen und das Rathaus im Stil der Neorenaissance. Ein weiteres, modernes Juwel ist das serbische Nationaltheater, das mit Architektur und Akustik gleichermaßen beeindruckt. Die ganz besondere Atmosphäre von Novi Sad unterstreicht neben der Ernennung zur Europäischen Kulturhauptstadt 2022 auch der bereits drei Jahre zuvor verliehene Titel „Jugendhauptstadt Europas”.
02 | Festung Petrovaradin – Prinz Eugen und Einstein
Eindrucksvolles Wahrzeichen von Novi Sad ist die Festung Petrovaradin. Sie entstand nach der Schlacht von Peterwardein, als Prinz Eugen das osmanische Heer zurückschlug. Erbaut zwischen 1692 und 1780 war sie lange Zeit die größte Festung Europas und die wichtigste der Habsburger-Monarchie am Balkan. Sie erstreckt sich über enorme 112 Hektar und birgt ein weit verzweigtes System an unterirdischen Gängen mit einer Länge von 16 Kilometern.
Sehenswert ist auch die revitalisierte, pittoreske Altstadt zu Füßen der Festung. Auf drei Seiten von der Donau umschlossen, ist heute mit Hotel und Panoramarestaurant neues Leben auf Petrovaradin eingekehrt. Künstler haben hier ihre Ateliers und Galerien und im Stadtmuseum ist 2025 eine außergewöhnliche multimediale Sonderausstellung zu sehen, die Mileva Marić-Einstein gewidmet ist.
Die Frau des Nobelpreisträgers war ebenfalls eine begnadete Wissenschaftlerin und hatte ganz wesentlich Anteil an den Erfolgen ihres Mannes, wurde dafür aber nie richtig gewürdigt. Mit „EXIT” – dem größten E‑Musik-Festival Serbiens, wenn nicht des ganzen Balkan – verwandelt sich Petrovaradin außerdem einmal im Jahr in eine spektakuläre Eventkulisse.
03 | Fruška Gora – Nationalpark der Römer
Mit seinen malerischen Landschaften gilt Fruška Gora als Juwel Serbiens und wurde bereits 1960 offiziell zum Nationalpark erklärt. Der „Berg der Franken” diente einst als natürliche Grenze zwischen den lokalen und den fränkischen Stämmen, die sich gegen Ende des 8. Jahrhunderts in der Region aufhielten. Schon für die Römer war „Alma Mons“ – der fruchtbare Berg – ein Kraftplatz.
Heute schätzen die Bewohner der eineinhalb Autostunden entfernten Hauptstadt Belgrad das malerische, hügelige Gebiet als Ausflugsziel zum Biken oder Wandern auf den gut ausgeschilderten Wegen zwischen den weiten Lindenwäldern, ländlich-gemütlichen Gasthäusern und den überall sichtbaren Bienenstöcken der unzähligen Imker.
Gut kombinierbar sind die Touren in den Nationalpark mit Verkostungen in den Weingütern entlang der Weinstraßen und dem Besuch in einem (oder auch mehreren) der nicht weniger als 16 orthodoxen Klöster der Region. Sportlicher Höhepunkt ist der alljährliche Fruška-Gora-Marathon.
04 | Orthodoxe Klöster wie auf dem Berg Athos
Nicht ohne Grund wird die Fruška Gora mit ihren zahlreichen Klöstern auch als „heiliger Berg“ Serbiens bezeichnet. Zu Zeiten, als unter dem Druck der türkischen Eroberungen der Sitz des geistigen Lebens nach Norden in das damalige Österreich-Ungarn verlegt wurde, entwickelte sich diese Region zum Rückzugsort der serbischen Kirchenrenaissance.
Zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert entstanden 35 Klöster, von denen heute noch 16 erhalten sind. Jedes für sich präsentiert sich als kunsthistorisches Juwel mit hohen und prunkvollen Glockentürmen sowie prachtvoll geschnitzten Barockwänden für die Ikonen von Christus, Maria oder anderen Darstellungen aus der Heiligen Schrift.
05 | Sremski Karlovci – Kultur mit Guglhupf und Wein
Das charmante Weinstädtchen Sremski Karlovci hat auf einzigartige Weise die kulturelle, spirituelle und politische Geschichte der Region geprägt. Die prächtigen Gebäude des philologischen Gymnasiums Karlovci und des Patriarchenhofs spiegeln dies eindrucksvoll wider.
Als beliebter Fotospot bietet sich der Vier-Löwen-Brunnen am Hauptplatz an. Rundum reihen sich charmante Restaurants, in denen lokale Spezialitäten wie der berühmte „Kuglof” – serbisch für „Guglhupf” – genossen werden können. Sremski Karlovci ist aber auch berühmt für seine Weinbautradition mit einer ganz besonderen Spezialität – dem schon seit Jahrhunderten erzeugten, an Wermut erinnernden Dessertwein „Bermet”.
06 | Weinkultur mit Parallelen zu Bordeaux
Nicht nur historisch gibt es Parallelen. Die Weinbaugebiete Bordeaux und Vojvodina liegen auch auf dem selben Breitengrad, was das Potenzial des Terroirs von Fruška Gora für Spitzenweine deutlich macht. So erhielten auch beide Regionen im Jahr 278 nach Christus gleichzeitig vom römischen Kaiser Probus als erste wieder die Erlaubnis, Wein anzubauen, nachdem dies bis dahin außerhalb des Kerngebietes des römischen Reiches verboten war.
Zu Ehren des Kaisers gibt es seit 1983 sogar eine speziell gezüchtete Rebsorte aus Kadarka und Cabernet Sauvignon, die den Namen „Probus” trägt. Neben den internationalen spielen zahlreiche autochthone Sorten eine immer größere Rolle im Selbstverständnis der Winzer. Vor allem dem zwischen Blaufränkisch und Shiraz angesiedelten „Prokupac” wird enormes Potenzial zugesprochen.
Darüber hinaus zählen der Rheinriesling, der Rizling Italijanski, der Welschriesling und der Blaue Portugieser zu den traditionellen lokalen Sorten. Eine altüberlieferte Spezialität – vor allem in der Region um Sremski Karlovci – ist der „Bermet”. Dieser an Wermut erinnernde, aromatisierte Dessertwein war einst so populär war, dass er nachweislich sogar an Bord der „Titanic” serviert wurde.
Immer mehr aufstrebende Weingüter aus Serbien setzen sich international mit hohen Qualitäten in Szene und erobern zunehmend auch die Spitzengastronomie. So sind etwa im britischen Drei-Sterne-Restaurant „Fat Duck“ ein Prokupac und ein Cabernet Sauvignon des Weinguts Erdevik sowie ein Pinot Noir von Deurić gelistet. Mit neuen Weinhotels – wie dem 2024 eröffneten Resort & Winery Dve Kule – erhält auch der Weintourismus der Vojvodina selbst wichtige Impulse.
07 | Festivals und Feste – auch für den Guglhupf
Ein vielfältiges Spektrum an künstlerischen wie kulinarischen Veranstaltungen macht die Vojvodina zu einer der quirligsten Regionen Serbiens. Neben einer ganzen Reihe von Musikfestivals wie dem „Nomus International Music Festival” mit klassischer Musik, dem „Novi Sad Jazz Festival” oder dem „Festival der Straßenmusik” gehören auch das internationale Theaterfestival „Sterijino pozorje” und das Short Film Festival „Film Front” zu den Highlights.
Nicht zu vergessen das schon genannte, spektakuläre „EXIT Festival” für Rock und elektronische Musik auf der Festung Petrovaradin, das in diesem Jahr von 10. bis 13. Juli in Novi Sad stattfindet.
Besonders originell unter den zahlreichen Food-Festivals – wie dem zweitägigen Festival „Ukusi Vojvodine” in Novi Sad oder dem „Dani Meda“ – ist das der jahrhundertealten Tradition des Guglhupfs gewidmete, dreitägige „Kuglof Festival” in Sremski Karlovci. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche regionale Feste, die traditionelle Gerichte und bodenständige Produkte sowie nicht zuletzt dem Wein gewidmet sind.
08 | Fruška Gora Wine Walk – Highlight für Weingenießer
Der im Juni 2025 zum dritten Mal stattfindende „Fruška Gora Wine Walk” erwies sich schon bei seiner Premiere als absolutes Erlebnis für alle Sinne. Auch heuer erwartet die Besucher bei dieser kulinarischen Weinwanderun auf einem 7,6 Kilometer langen Spazierweg durch die zauberhafte Landschaft so manche Überraschung – und natürlich gibt es Weinproben an ausgewählten Plätzen. Zusätzlich zu den Spitzenweinen werden lokale gastronomische Spezialitäten vorbereitet.
09 | Fruške Terme – fantastische Wasserwelten
Mit der Fruške Terme in Vrdnik verfügt die Vojvodina über den größten und spektakulärsten Wellnessbereich des Landes. Serbische Gastfreundschaft trifft dabei auf Schweizer Standards, denn das Resort wird von Mövenpick geführt. Überdimensional präsentieren sich die Wasserwelten mit elf Innen- und Außenpools samt thermomineralischem Wasser.
Zahlreiche spektakuläre Rutschen, Saunalandschaften und eine Vielzahl an Sport‑, Relax‑, Gesundheits- und Freizeitangeboten sorgen für Abwechslung und sprechen mit attraktiven Packages vor allem Familien an.
Wien ist nur 550 Autobahn-Kilometer entfernt – und zum Wohnen stehen Vier- und Fünf-Sterne-Hotels, luxuriöse Apartments und originelle Etno-Unterkünfte bereit. Rund 20 Kilometer von Novi Sad entfernt, gilt zudem der Aqua Park Petroland mit seinen acht Rutschen und sechs Pools als weitere Attraktion in Sachen Badespaß.
10 | Subotica & Palić – Jugendstil trifft auf Kurtradition
Subotica präsentiert sich als Juwel im Norden Serbiens, wo sich europäischer Charme mit multikultureller Lebendigkeit verbindet. Die Straßen sind von einer fantastischen Jugendstil-Architektur geprägt und spiegeln eine Zeit wider, in der die Stadt als Zentrum der Kultur und Kreativität florierte.
Gebäude wie das Rathaus und die Galerie für Moderne Kunst zeigen komplizierte Blumenmuster und anmutige Kurven und machen Subotica zusammen mit der Synagoge zum Traum für Architekturliebhaber. Dazu strahlt Subotica entspanntes Flair aus und ist gleichermaßen für seine Kulinarik- wie die ganzjährig lebendige Kulturszene bekannt.
Nur acht Kilometer entfernt, bietet Palić den idealen Ort für eine beschauliche Auszeit. Der ruhige See, Heilschlamm und jahrhundertealte Kurgebäude bilden die einladende Kombination zum Entspannen. Der große Park mit seinen historischen Denkmälern wie dem Wasserturm und dem Musikpavillon sind weitere Highlights. Mit ausgezeichneten Restaurants und Outdoor-Aktivitäten gelten Subotica und Palić als Geheimtipps der Vojvodina.
11 | Naive Malerei – Stern auf der UNESCO-Liste
Die naive Malerei der Vojvodina ist berühmt für ihre Darstellungen des ländlichen Lebens und kombiniert Authentizität, Fantasie und kräftige Farben, um Geschichten aus dem Alltag, den Traditionen und dem Glauben zu erzählen. Dieser Kunststil zeichnet sich durch seine schlichten Formen, statischen Figuren und traumhaften Kompositionen aus, die von Natur, Menschen und Architektur inspiriert sind.
Die Praktizierenden sind Autodidakten. Die naive Malerei stammt aus der Stadt Kovačica und verbreitete sich allmählich in andere Städte mit slowakischen Gemeinschaften in Serbien. Die Besucher können in diese zeitlose Kunst eintauchen, indem sie die Galerien in Kovačica erkunden. Die Aufnahme in die Liste des immateriellen UNESCO-Kulturerbes der Menschheit würdigt dieses einzigartige Erbe auf der Weltbühne und stellt auch sicher, dass es für die kommenden Jahre erhalten bleibt.
12 | Vršac – Wein, Kirchenschätze und Naturpark
Das im südöstlichen Banat gelegene Vršac verdankt seine Weinbautradition den fruchtbaren Hängen des Vršac-Gebirges. Die Geschichte reicht dabei bis in prähistorische Zeiten zurück. Hoch über Vršac thront der ikonische Vršac-Turm wie ein mittelalterlicher Wachposten und bietet einen atemberaubenden Blick auf sanfte Weinberge und endlose Ebenen.
Naturliebhaber finden in den Vršac-Bergen ihr Paradies. Sie können hier durch üppige Wälder wandern, ruhige Quellen entdecken und das Naturschutzgebiet Vršački Breg bestaunen, in dem seltene Flora und Fauna beheimatet sind. Dazu gibt es zahlreiche kulturelle Sehenswürdigkeiten – wie Serbiens größte katholische Kirche, den orthodoxen Bischofspalast und das Stadtmuseum, das voller historischer Schätze steckt.
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.