Oman: Der Weihrauch und der goldene Duft des Morgenlandes

Weih­rauch – das Harz des im Oman wach­sen­den Bos­wel­lia-Bau­mes – war in der An­tike so wert­voll wie Gold. In un­se­ren Brei­ten ist sein stim­mungs­vol­ler Duft vor­wie­gend in Kir­chen zu fin­den, wo Weih­rauch als Zei­chen der Ge­gen­wart Got­tes ver­brannt wird.

In der ara­bi­schen Welt hin­ge­gen wird dem Oli­ba­num eine viel grö­ßere Be­deu­tung im All­tag bei­gemes­sen. Hier wird es in Par­füms und Raum­düf­ten ver­ar­bei­tet, dient der Aro­ma­ti­sie­rung von Ge­trän­ken, fin­det An­wen­dung in Na­tur­heil­ver­fah­ren und wird so­gar zur Rei­ni­gung der Klei­dung ge­nutzt.

Weih­rauch­baum © Mi­nis­try of He­ri­tage & Tou­rism Sul­tanate of Oman

Ein Be­such im Oman lässt er­fah­ren, wo das Harz her­kommt, wie es her­ge­stellt wird und was es so be­son­ders macht. Denn der Süd­wes­ten des Lan­des gilt als Wiege des Weih­rauchs – und hier hatte einst auch die sa­gen­um­wo­bene Weih­rauch­straße ih­ren Ur­sprung.

Die meis­ten Rei­sen­den be­su­chen die Re­gion Dhofar auf­grund ih­rer herr­li­chen Sand­strände, es lohnt je­doch auch ein Blick ins Hin­ter­land. Im­mer­hin hat die UNESCO hat das tro­ckene Wadi Daw­kah, in dem mehr als 5.000 Ex­em­plare des Ara­bi­schen Weih­rauch­baums wach­sen, zu­sam­men mit an­de­ren Stät­ten ent­lang der Weih­rauch­straße in Dhofar zum Welt­kul­tur­erbe er­klärt.

Weih­rauch­ernte im Wadi Daw­kah © An­dreas Con­rad

Die his­to­ri­sche Han­dels­route führte da­mals vom Oman über den Je­men und Saudi-Ara­bien ent­lang des Ro­ten Mee­res bis nach Pe­tra in Jor­da­nien, hin­ein ins Hei­lige Land und wei­ter nach Alex­an­dria in Ägyp­ten. Einst sol­len die Hei­li­gen Drei Kö­nige dem neu­ge­bo­re­nen Je­sus­kind ne­ben Myr­rhe und Gold auch Weih­rauch als Ge­schenk ge­bracht ha­ben.

Auch bei den Pha­rao­nen im al­ten Ägyp­ten und bei den Kai­sern des Rö­mi­schen Reichs er­freute sich Weih­rauch gro­ßer Be­liebt­heit. Sein mar­kan­ter Duft ent­steht, wenn das auf glü­hende Kohle ge­bet­tete Harz schmort. So kann sich seine ent­zün­dungs­hem­mende und be­ru­hi­gende Wir­kung op­ti­mal ent­fal­ten. Der Han­del mit Weih­rauch be­scherte Dhofar gro­ßen Wohl­stand. Bis heute ist er ne­ben dem Tou­ris­mus ein wich­ti­ger Wirt­schafts­zweig für die Re­gion.

Weih­rauch auf dem Weih­rauch­markt in Sa­l­a­lah © An­dreas Con­rad

Die Weih­rauch­bäume Dhof­ars ge­hö­ren ver­schie­de­nen Clans, wo­bei das Ern­te­recht von Ge­ne­ra­tion zu Ge­ne­ra­tion an die männ­li­chen Nach­kom­men wei­ter­ver­erbt wird. Die Ernte be­ginnt Ende März und dau­ert meh­rere Mo­nate an. Da­bei wird die Rinde des Bau­mes an ver­schie­de­nen Stel­len mit ei­nem schar­fen Mes­ser ge­öff­net.

Es ist Fein­ge­fühl ge­fragt, denn ist der Schnitt zu tief, trock­net der Baum aus und stirbt. Zu­nächst zeigt sich das weiße, mil­chig schim­mernde Oli­ba­num nur spär­lich, doch beim zwei­ten und drit­ten An­schnitt der Rinde we­nige Wo­chen spä­ter „blu­tet“ der Baum die „Trä­nen Al­lahs“, wie das Harz auch be­zeich­net wird, in grö­ße­ren Men­gen. Nach zwei bis drei Wo­chen Rei­fe­zeit kön­nen die Harz­trop­fen ge­ern­tet wer­den.

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Weih­rauch auf dem Weih­rauch­markt in Sa­l­a­lah © An­dreas Con­rad

Pro Sai­son lie­fert ein Baum ei­nen Er­trag von vier bis acht Ki­lo­gramm Weih­rauch. Qua­li­tät und Menge sind al­ler­dings stark ab­hän­gig von der Größe des Bau­mes, sei­nem Zu­stand und der Lage. Von Bern­stein­far­ben über Gelb bis hin zu trans­pa­ren­ten Tö­nen gibt es ver­schie­dene Qua­li­täts­stu­fen, die sich über die Farbe des Har­zes de­fi­nie­ren.

Ge­ne­rell gilt: Je hel­ler die Fär­bung, desto rei­ner ist das Pro­dukt. Der oma­ni­sche Royal al-Ho­jari Weih­rauch, der grün­lich schim­mert und fast trans­pa­rent wirkt, gilt mit rund 300 Euro pro Kilo als teu­ers­ter welt­weit. Seine Pro­duk­tion um­fasst aber le­dig­lich fünf Pro­zent der Ge­samt­ernte des Lan­des.

Her­stel­lung von Weih­rauch­bren­nern bei ei­ner Fa­mi­lie in Mir­bat © An­dreas Con­rad

Ob als Kos­me­tik, Seife, Par­füm, Öl, in Ker­zen­form, als Räu­cher­stäb­chen oder Kau­gummi: Es gibt viele Weih­rauch­sou­ve­nirs, die Tou­ris­ten von ih­rer Reise in den Oman mit nach Hause neh­men kön­nen. Er­wer­ben las­sen sie sich un­ter an­de­rem in Sa­l­a­lah, wo sich der ein­zige Weih­rauch­ba­sar der Welt be­fin­det.

Auch Un­ter­künfte in der Re­gion ha­ben das Weih­raucherbe des Lan­des in ihre Kon­zepte in­te­griert und ma­chen es für Rei­sende er­leb­bar – so zum Bei­spiel das Alila Hinu Bay Re­sort nahe dem Fi­scher­ort Mir­bat. Im Ho­tel­re­stau­rant „The Or­chard” be­ge­ben sich die Gäste im Rah­men ei­nes mehr­gän­gi­gen Me­nüs, bei dem ver­schie­denste ori­en­ta­li­sche Ge­richte ge­reicht wer­den, auf eine ku­li­na­ri­sche Reise ent­lang der al­ten Han­dels­wege des Weih­rauchs.

Weih­rauch auf dem Weih­rauch­markt in Sa­l­a­lah © An­dreas Con­rad

Sie ver­kos­ten da­bei ei­nen je­me­ni­ti­schen Dip mit Schwarz­küm­mel­sa­men, Sa­fran und Kar­da­mom zu Pita- und Khubz-Brot und eine haus­ge­machte tür­ki­sche Tarhana-Suppe – zu­be­rei­tet nach alt­her­ge­brach­ter Art, in­dem ihre Teig­ba­sis zwölf Tage lang zu­sam­men mit et­was Ge­müse fer­men­tiert. Au­ßer­dem gibt es Lamm Shuwa.

Bei die­ser oma­ni­schen De­li­ka­tesse wird das Fleisch – in ei­ner spe­zi­el­len Ge­würz­mi­schung ma­ri­niert, mit Dat­teln und Nüs­sen ge­füllt und in Ba­na­nen­blät­ter ein­ge­wi­ckelt – in ei­nem tra­di­tio­nel­len un­ter­ir­di­schen Ofen über ei­nen Zeit­raum von 48 Stun­den gart, so­dass es be­son­ders zart und saf­tig wird. Als Des­sert wird grie­chi­sches Bou­gatsa mit Weih­rauch­creme Pis­ta­zien und Ho­nig zu Weih­rauch-Va­nille-Eis ser­viert.

Elek­tri­scher Weih­rauch­bren­ner auf dem In­ter­na­tio­nal Airport_​von Mus­cat (c) Wolf­gang Si­e­sing

Das Al Ba­leed Re­sort Sa­l­a­lah by An­ant­ara in der Haupt­stadt Dhof­ars war­tet in sei­nem Spa mit ver­schie­de­nen An­ge­bo­ten rund um den Weih­rauch auf – wie bei­spiels­weise Weih­rauchöl, das bei Mas­sa­gen ge­nutzt wird. Dar­über hin­aus wer­den mit Weih­rau­ch­es­senz aro­ma­ti­sierte Will­kom­mens­ge­tränke und Cock­tails ser­viert und beim Be­tre­ten der Lobby strömt dem Gast der Duft des Oli­banums ent­ge­gen.

In an­de­ren Tei­len des Lan­des ist das Thema Weih­rauch aber eben­falls stän­dig prä­sent. So ziert ein gi­gan­ti­scher wei­ßer Weih­rauch­bren­ner, der auf ei­nem Fel­sen thront, den Stadt­teil Ri­yam in der oma­ni­schen Haupt­stadt Mas­kat. Auch am Flug­ha­fen von Mas­kat liegt das bal­sa­misch-wür­zige Aroma von Weih­rauch in der Luft. Hier sor­gen in Me­tall ge­fasste elek­tri­sche Weih­rauch­s­pen­der da­für, dass ab­flie­gende Gäste den Duft des Ori­ents noch eine Weile in der Nase be­hal­ten.

www.experienceoman.om

Autorin: Elisabeth Kapral

Als Ju­ris­tin hat Eli­sa­beth ge­lernt, ex­akt zu for­mu­lie­ren. Das kommt ihr jetzt zu­gute, wenn sie für travel4news schreibt. Wor­über sie schreibt, weiß sie da­bei ganz ge­nau, denn sie hat be­reits 108 der 193 in der UNO ver­tre­te­nen Län­der be­sucht – und viele von ih­nen auch mehr­fach.