Die bekanntesten Sehenswürdigkeiten in Irland ziehen jedes Jahr unzählige Besucher in ihren Bann. Doch es gibt Alternativen, die weit weniger bekannt und dementsprechend auch weit weniger besucht sind. Wir stellen sechs von Irlands Top-Attraktionen und ihre Alternativen vor.
Teil 1 mit fünf weiteren Tipps finden Sie hier.
Mellifont Abbey statt Rock of Cashel
Der Rock of Cashel ist ein nationales Wahrzeichen von Irland und trägt auch den passenden Beinamen „The high king of Irish monuments“. Zu einer solchen Ehre kommt er vor allem wegen seines stattlichen Äußeren, wobei der typische Rundturm durch die exponierte Lage 65 Meter über der Stadt Cashel noch besser zur Geltung kommt. Bedeutend ist er aber auch wegen der vielen Geschichten, die sich um Clans, Erzbischöfe, den Teufel und die im 4. Jahrhundert hier regierenden Könige von Munster ranken. Angesichts von mehr als 350.000 Besuchern pro Jahr geht es hier mitunter auch durchaus teuflisch zu.
Trubel muss man bei den rund 30.000 Gästen pro Jahr, die zur Mellifont Abbey im County Louth kommen, nicht fürchten. Wie der Rock of Cashel entführt auch Irlands älteste Zisterzienser-Abtei die Besucher in eine ferne Vergangenheit. Mit dem aus dem 13. Jahrhundert stammenden Lavabo – dem achteckigen Waschraum der Mönche – beherbergt sie eines der schönsten Beispiele zisterziensischer Architektur auf der Insel. Dass sie es trotzdem nicht zum Wahrzeichen geschafft hat, bedeutet weniger Andrang, dafür aber mehr Ruhe und mehr Mystik.
Camden Street statt Temple Bar
Auf die Frage nach Dublins bekanntestem Ausgeh-Viertel würden die meisten wohl Temple Bar nennen. Es ist ja auch berauschend, wie viele Restaurants, Galerien, Geschäfte und vor allem Pubs sich hier häufen. Auf den kopfsteingepflasterten Straßen und Gassen ist an manchen Wochenenden fast kein Durchkommen mehr.
Wer diesem XXL-Trubel entfliehen, aber dennoch etwas erleben will, findet mit der gerade einmal 15 Gehminuten entfernten Camden Street eine interessante Alternative. Das Magazin „Time Out” wählte die Gegend erst kürzlich zu einem der 30 coolsten Stadtviertel der Welt. Die Begründung: Die Camden Street samt Umgebung habe sich einen „schnörkellosen, postmodernen Charakter“ bewahrt und zeichne sich durch „unprätentiöse Pubs, politische Straßenkunst und eine lebhafte Restaurantszene“ aus. Top-Tipps stellen das „Bleeding Horse Pub“ und das für seine Comedy-Abende bekannte „Anseo“ dar.
Cahir Castle statt Blarney Castle
Schon seit mehr als fünf Jahrhunderten heißt es, dass ein Schmatzer auf den Blarney Stone im gleichnamigen Schloss die Gabe der Redegewandtheit verleiht – „Gift of the Gab” nennt man das. Angeblich ist man danach nie mehr sprachlos. Genau das kann einem aber vor Ort angesichts voller Busparkplätze und Heerscharen von Touristen schon mal passieren . 2023 wurde fast eine halbe Million Besucher gezählt.
Gerade einmal ein Fünftel davon suchte das Cahir Castle im benachbarten County Tipperary auf. Dabei gilt die trutzige, nur 80 Kilometer entfernte Burg aus dem 12. Jahrhundert als eine der schönsten und am besten erhaltenen mittelalterlichen Festungen Irlands. Offenbar wissen nur wenige, wie sehenswert die Wach- und Wehrtürme sind. Die Lage auf einer Insel im Fluss Suir ist es sowieso – und als Krönung gibt es eine audiovisuelle Show obendrauf.
Wild Nephin statt Killarney National Park
Irland beheimatet acht Nationalparks, wobei es die meisten in den Wicklow‑, in den Burren- und mehr noch in den Killarney National Park zieht. Dessen Nähe zum „Ring of Kerry” sorgt ebenso wie die Fußläufigkeit von der Stadt Killarney mitunter zu einem gewissen Andrang – insbesondere bei sonnigem Wetter. Da können Seen und Berge noch so schön sein: Wenn zu viele andere Besucher, von denen viele gar keine Wanderer sind, die Sicht versperren, verliert jede Wildnis ihren Reiz.
Einsamere Naturabenteuer verspricht hingegen der gut mit dem Bus von Westport aus erreichbare Wild Nephin National Park. Spannend ist das im Nordwesten des „Wild Atlantic Way” gelegene, 150 Quadratkilometer große Schutzgebiet aber nicht nur für Wanderer, sondern auch für Sternengucker. Schließlich ist eines der größten Moorgebiete Europas fast deckungsgleich mit dem „Mayo Dark Sky Park”, dem 2016 der Gold-Status unter den „International Dark Sky Parks” verliehen wurde – und es ist eine Sehenswürdigkeit, bei der es garantiert keinen Besucherstau gibt.
Boatyard Distillery statt Bushmills Distillery
Irland ist Whiskeyland und die Old Bushmills Distillery im Hinterland von Belfast eine der beliebtesten Pilgerstätten für Freunde der starken Spirituose. Rund 1.000 Besucher pro Tag wollen sich in der Hauptsaison von der ältesten Whiskeybrennerei der Insel ein Bild machen. Was sie ebenfalls machen wollen, ist eine Verkostung. Die gibt es aber auch in einem deutlich familiäreren Rahmen. Schließlich sind auf der Insel mittlerweile rund 40 Destillerien zu finden – und die Hälfte davon verfügt über ein eigenes Besucherzentrum mit Führungen und Tastings.
Das tut auch die jüngst eröffnete Mc Connell’s Distillery. Sie ist zudem in in einem historisch bedeutsamen Gebäude untergebracht – dem berühmten Crumlin Road Gaol. Das ehemalige Gefängnis bietet den würdigen Rahmen für einen traditionsreichen Whiskey. Die Marke „McConnell’s” geht dabei auf das Jahr 1776 zurück – noch bevor „Old Bushmills” ab 1784 seinen Betrieb aufnahm. Allerdings stellte McConnell’s seine Tätigkeit 1938 ein, während Bushmills durchgehend destillierte.
Hamilton’s Seat statt Giant’s Causeway
Der Giant’s Causeway ist Nordirlands erste UNESCO-Weltnaturerbestätte. Vulkanische Aktivitäten haben hier vor Jahrmillionen rund 40.000 Basaltsäulen am Ufer geformt – auch wenn der Legende nach der Riese Fionn McCumhaill dafür verantwortlich war. So oder so wollen das Küsten- und Felsspektakel hunderttausende Besucher pro Jahr sehen. 2023 waren es mehr als 650.000. Da kann es insbesondere auf den ikonischen Felsen schon mal ordentlich zugehen.
Man muss aber nicht einmal ins Auto steigen, um in Nullkommanix dem Gewusel zu entkommen. Schon ein paar Meter hinter den Basaltsteinen, spätestens aber hinter der rund 25 Meter hohen Basaltformation namens „Orgel“ wird es deutlich leerer und schließlich sogar richtig einsam. Der am „Giant’s Causeway” beginnende, sieben Kilometer lange Rundwanderweg ist relativ einfach und zeichnet sich mit einer spektakulären Aussicht auf das Meer aus. Der beste Aussichtspunkt heißt „Hamilton’s Seat” und ist nach einer Dreiviertelstunde erreicht. Manche sagen, dass die Kulisse am Benbane Head und hoch über dem Wasser sogar noch ergreifender ist als die am „Giant’s Causeway”. Einsamer ist es auf alle Fälle.
Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.