An kleinen Inseln, die Schutz und Geborgenheit bieten, den Alltag auch optisch auf Distanz halten und ein Gefühl der Freiheit vermitteln, mangelt es in Irland wahrlich nicht. Gleich 36 davon finden sich unweit der Küste im Atlantik – vom Südwesten bis hinauf nach Nordirland.
Mit wenigen Ausnahmen eignen sich die kleinen irischen Inseln dank regelmäßiger Bootsverbindung zumindest für einen Tagesausflug – manche aufgrund ihres Insellebens inklusive Unterkünften aber auch für einen längeren Aufenthalt. Das bedeutet Erholung pur, abseits von den Besucherströmen.

Wer die zum Teil schon während der Bronzezeit besiedelten, heutzutage aber oft fast verlassenen Inseln ansteuert, sucht in der Regel ohnehin nicht die große Infrastruktur oder gar Luxus, sondern vielmehr Ruhe und Natur. Zu finden ist diese dann in reinster Form – etwa in Gestalt von schroffen Klippen, einsamen Plateaus und Vogel‑, Delfin- oder Walbeobachtungen.
Tieren werden die Besucher auf ihren Wander‑, Rad- und Klettertouren jedenfalls deutlich öfter begegnen als Menschen. Auf Dursey Island im County Cork zum Beispiel leben heutzutage gerade noch drei Bewohner. Wenn sie und ihre Gäste sich per Seilbahn – es ist die einzige in ganz Irland – zwischen Insel und Festland hin- und herbewegen, ist das geradezu filmreif.
Apropos Film: Die zum County Kerry gehörende Felseninsel Skellig Michael hat als Drehort des Star-Wars-Blockbusters „Das Erwachen der Macht“ große Berühmtheit erlangt. So nehmen zahlreiche Fans die wackelige Überfahrt über die oftmals raue See ebenso in Kauf wie das meist recht abenteuerliche Anlegemanöver, um wie ihre Filmhelden den gewundenen, steilen Pfad zur rund 200 Meter hohen Inselspitze hinauf zu pilgern.
Nach rund 600 Stufen finden sie am Gipfel aber keine Spuren von Luke Skywalker, sondern „nur” die gut erhaltenen, von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärten Klosterzellen von frühchristlichen Mönchen, die hier vor rund 1.500 Jahren siedelten. In Sichtnähe wartet die mit sieben Hektar deutlich kleinere Schwesterinsel Little Skellig, auf der mit knapp 30.000 Brutpaaren eine der weltgrößten Basstölpelkolonien beheimatet ist. Hier gilt die Devise: Schauen, aber nicht aussteigen.
Auf den Blasket Islands – sechs Kilometer nördlich vor der Dingle-Halbinsel im County Kerry gelegen – ist Aussteigen hingegen schon möglich. The Great Blasket – die größte von zwölf Inseln – ist jedoch seit Jahrzehnten unbewohnt. Lediglich Seehunde leben hier zuhauf – ebenso zigtausende Sturmschwalben und eine Handvoll Kurzzeitinsulaner, die in einfachen Cottages ohne Strom und warmem Wasser unterkommen.

Komfortabler geht es auf den leicht per Fähre oder via Acht-Minuten-Flug von Galway aus erreichbaren Aran Islands zu. Sie sind wohl die bekanntesten Inseln vor der Westküste Irlands. Großen Anteil daran hat die prähistorische Festung Dún Aonghasa (Dun Aengus), die dramatisch auf einer Klippe der größten Insel Inishmore (Inis Mór) thront.
Die Besucher können hier an der Wiege der keltischen Zivilisation auch die traditionellen Steinmauern und strohgedeckten Cottages bewundern, die das Inselleben seit Jahrhunderten prägen. Zu Fuß oder mit dem Rad lassen sie sich von urigen B&B‑Herbergen aus bestens erkunden – gern auch in Kombination mit einem Besuch im Pub oder auf einem Handwerksmarkt.
Die Alltagssprache der Inselbewohner untereinander ist übrigens Gälisch. Das gilt auch für Inisheer (Inis Oírr), wo wunderschöne weiße Sandstrände auf grüne, von Wildblumen gesprenkelte Wiesen und altertümliche Kirchenruinen treffen. Nicht allzu weit davon entfernt liegt Inishbofin – ein verstecktes Juwel vor der Küste von Connemara.
Die Gäste lieben es hier zu angeln, zu wandern und die gut erhaltenen, in einer malerischen Bucht gelegenen Festungsruinen aus dem 17. Jahrhundert zu erkunden oder einfach die Abgeschiedenheit der vielen Strände zu genießen. Auskunft erteilen die freundlichen Inselbewohner, wenn sie nicht gerade bei einer ihrer traditionellen Musikveranstaltungen an der Harfe, der Geige oder der Bodhrán-Trommel sitzen.

Trommelwirbel gibt es auch für Clare Island am Eingang der Clew Bay im County Mayo. Die Insel war einst die Heimat der berühmten Piratenkönigin Grace O’Malley, deren Erbe sich im Clare Island Castle und der historischen Clare Island Abbey entdecken lässt. Die rund 130 Bewohner zählende Insel bietet auch hervorragende Wanderwege durch hügelige Landschaften und entlang dramatischer Küsten. Als Alternativen bieten sich Leihfahrräder und Pferde an.
Im Nordwesten Irlands findet sich Tory Island – etwas abgelegen vor der Küste von Donegal. Vielleicht sollte man lieber „Story Island” sagen, denn die Bewohner sind für ihre mitunter sehr fantasiereichen Geschichten und ihren Hang zur Kunst bekannt. Am besten sollte man nach den faszinierenden Kelten-Legenden von Balor, dem Einäugigen fragen – oder nach dem Weg zu den Ruinen der Klosteranlagen und den besten Orten zur Vogelbeobachtung. Dort wartet dann aber mitunter wieder ein rechter Lärm, wenn Tausende Vögel zwischen schroffen Klippen und wilden Atlantikwellen navigieren.

Die einzig bewohnte, Nordirland vorgelagerte Insel ist Rathlin. In und um den ruhigen Hafenort Church Bay leben weniger als 100 Bewohner. Im Sommer wächst die Community dank der Feriengäste aber etwas an. Diese sind oft auf den vier Wanderwegen unterwegs, die kreuz und quer über die Insel führen – etwa in die Nähe der bis zu 70 Meter hohen Klippen. Wer das Inselglück mehr als einen Tag genießen will, findet im schön renovierten Gutshof „Rathlin Manor House“ eine gemütliche Herberge mit allem Komfort inklusive Restaurant.
Achill Island ist mit 146 Quadratkilometern zwar die größte der irischen Inseln, doch sie fällt etwas aus dem Rahmen, da sie sich doch sehr nah an Irland befindet und leicht über eine kleine Brücke erreichbar ist. Dieser Weg lohnt sich für Surfer, Wanderer, Backpacker und Tierbeobachter, die hier Schweinswale, Delfine und bis zu acht Meter lange, aber harmlose Riesenhaie vorfinden.

Angesichts Dutzender Wanderwege wird es spätestens hinter dem Strandort Keel und der jahrtausendealten Megalithanlage Keel East richtig ruhig. Regelrecht einsam geht es am äußersten Westzipfel hinter dem Keem Beach zu, der 2024 von „Lonely Planet“ zu einem der 100 schönsten Strände der Welt gekürt wurde.
Ein Rekord wartet ums stürmische Inseleck: Die Cliffs of Croaghaun zählen mit mehr als 600 Metern Höhe zu den höchsten Klippen Europas. Weniger steil, aber herrlich hügelig und moorig geht es im Inselinneren rund um das Deserted Village zu. Von dieser Kulisse ließ sich einst Heinrich Böll, der auf Achill Island ein Ferienhaus besaß, zu seinem berühmten „Irischen Tagebuch“ inspirieren.

Autorin: Elisabeth Kapral
Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für travel4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat bereits 108 der 193 in der UNO vertretenen Länder besucht – und viele von ihnen auch mehrfach.
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